„Autsch!! Ohhh, neeeiiin! Ein Wespenstich und das genau in mein rechtes Fingergelenk!“ Ich sah die Wespe noch mit ihrem Stachel an meinem Finger hängen und spürte unmittelbar danach wie sich das Gift ausbreitete.
Sogleich lief in meinem Kopf der Film ab: Wurst-Finger, ein dick angeschwollener kleinster Finger, plus Armgelenk und zu guter Letzt ein dicker, roter Unterarm! Ich sah das Bild deutlich vor mir. Auf dieses Bild folgten meine Gedanken begleitet von Emotionen wie Befürchtung, Ohnmacht und einer gewissen Verzweiflung: „Nein, das kann ich jetzt gerade überhaupt nicht gebrauchen. Ich sollte doch noch… dies und das. Oh, und dann juckt es wieder die ganze Zeit, so dass ich nicht konzentriert arbeiten kann – schlafen ist so erfahrungsgemäss auch schwierig. Mist! Mist! Mist!“
Als dann mein Tagesbewusstsein einsetzte, wurde mir klar, was ich mit diesem inneren Film und den damit verbundenen Überzeugungen anrichte – Selbsterfüllende Prophezeiung. Von klein auf wurde ich mit den entsprechenden Überzeugungen und Glaubenssätzen meiner Herkunftsfamilie konditioniert, dass Bremsen-, Bienen- und Wespenstiche mit riesigen, und vor allem unendlich juckenden Schwellungen begleitet sind. „Wir reagieren halt nun mal allergisch auf Insektenstiche“, hiess es immer und heisst es auch heute noch.
„Stopp!!!“ Sagte ich energisch und bestimmt! „Nein, jetzt nicht. Ich kann das nicht gebrauchen. Ich will das nicht. Und überhaupt: Ich bin immun gegen Wespenstiche! Ich bin immun gegen Wespenstiche!“ Diese Sätze wiederholte ich in etwa ähnlicher Form drei Mal und liess die Sache so auf sich beruhen. Wobei ich meinen Finger zusätzlich eine Zeitlang in kaltem Wasser kühlte.
Und siehe da: Mein kleinster Finger behielt die gewohnte Form. Den Einstich im Gelenk konnte man wohl erkennen – sonst aber gar nichts weiter. Einfach nichts. Nicht einmal ein kleiner Juckreiz.
Für die Skeptiker und Realisten unter uns, die mit Berichten dieser Art nichts anfangen können, Folgendes:
Zwei Wochen später beim Mittagessen in den Bergen, legte ich meinen Arm auf den Tisch und zerdrückte unachtsam erneut eine Wespe! In ihrem Todeskampf stach sie mich unter das linke Armgelenk. „Ups. Nein, nicht schon wieder?!?! Das kann doch nicht wahr sein“. Doooch, es war wahr! Meinen Begleitern, schilderte ich ein paar Stunden zuvor mein eindrückliches Wespen-Erlebnis von vor zwei Wochen.
Nun kam ich – ist ja auch irgendwie verständlich – unter Druck: Wenn diese Geschichte, nur durch meine bewusste Entscheidung, wiederholbar ist, ich also das Spiel des Anschwellens und Juckens nicht mitspiele, müsste ich es heute ganz einfach wiederholen können. Würde ich das schaffen? Ich muss gestehen, ich war mir dessen nicht sicher.
„Ok, ich nehme diese Herausforderung dankend an!“ Diesmal lief der Film nicht mehr ab, und ich traf wiederum die bewusste Entscheidung, mich aus dem alten Gedankenmuster zu lösen. „Ich will keinen Arm, der geschwollen ist und über Tage juckt! Ich kann das jetzt nicht gebrauchen und überhaupt: Ich bin immun gegen Wespenstiche! Ich bin immun gegen Wespenstiche!“ Und damit liess ich die Sache auf sich beruhen. Ab und an inspizierte ich meinen Unterarm skeptisch. Um mich zu „beruhigen“, wiederholte ich von Zeit zu Zeit die mich unterstützenden Sätze.
Am Abend war klar: Es hat funktioniert! Es hat wirklich wiederum funktioniert! Zum zweiten Mal in meinem ganzen Leben, blieben die unangenehmen Symptome eines Wespenstiches aus.
Aufgrund von Überlieferungen unserer Vorfahren und den daraus resultierenden Überzeugungen, bewahrheiten sich unsere Vorstellungen – so krass, dass wir die Bilder aus den Erzählungen abrufen und sehen können. Damit kreieren wir jedes Mal unbewusst Zustände und Szenarien, die nicht zwingend sein müssten.
Für mich hat sich dieser Satz bewahrheitet und ich werde ihn künftig beherzigen: ÜBERZEUGUNGEN SIND WIRKUNGSVOLLER ALS DIE WIRKLICHKEIT.
Gedanken haben Macht. Wir haben Macht!