22. Mai 2020 – Die Selbstständigkeit wurde mir wohl schon in die Wiege gelegt. Meine Eltern haben innerhalb von fünfzehn Jahren zwei ganz unterschiedliche Unternehmen aufgebaut. Das erste unmittelbar nach ihrer Heirat in den Jahren 1959 bis 1969 – ein florierendes Radio-Fernseh-Geschäft mit drei Filialen. Als die Geschäfte fast von alleine liefen, wurde es meinem Vater, ohne neue Herausforderungen, zu langweilig.
Er verkaufte es und machte aus seinem Hobby, dem Münzen sammeln, einen neuen Beruf: Er rief eine numismatische Fachzeitschrift ins Leben. Der Start dieses Business hatten sich meine Eltern einfacher vorgestellt, als es war. Sie mussten grosse Hindernisse überwinden! Selbst wir, meine Schwester und ich, mussten Entbehrungen hinnehmen: Von heute auf morgen wurde unsere 4-Zimmer-Wohnung in ein Homeoffice umfunktioniert. Unser schön grosses Kinderzimmer wurde als Büro eingerichtet, das ultrakleine Badezimmer zur Dunkelkammer und das Wohnzimmer war jetzt plötzlich die Redaktion meines Vaters. Im Nachhinein gesehen lief irgendwann alles gut. Diese numismatische Fachzeitschrift „money-trend“ existiert immer noch, seit über 30 Jahren jedoch unter anderer Federführung.
Ich war als Kind schon eigenständig unterwegs
Aufgrund dieser Anspannungen und einer 7-Tage-Woche, hatten meine Eltern keine Zeit für uns Kinder. Nur die Hüllen meiner Eltern waren anwesend. Der Rest von ihnen, völlig mit Sorgen und Arbeit absorbiert. Wir Kinder störten bloss. So kam es, dass wir bereits im Alter von 8 und 9 Jahren, gefühlt immer uns selbst überlassen waren – selbst und das ständig. Wenn wir Spass haben wollten, mussten wir unsere Freizeit selbst gestalten und organisieren.
Als es dann um die Ausbildung ging (1976), wollte ich unbedingt Krankenschwester werden – mein absoluter Traumberuf. Schon damals hatte ich das Bedürfnis anderen Menschen zu helfen. Mein Vater jedoch hatte andere Pläne für uns. In jener Zeit war es üblich und ganz normal, dass man lernte, was die Eltern für einen für gut befanden. So kam es also, dass meine Schwester und ich die kaufmännische Lehre – als ganz normale Angestellte – im Verlag meiner Eltern absolvierten. Es war ihm ein Bedürfnis, dass, wenn ihm etwas passieren würde, wir fähig wären, den Verlag selbstständig weiterführen könnten. Just in case!
Selbsterfüllende Prophezeiung?
Als ich die Lehre abgeschlossen hatte und reisen wollte, traf just dieser Fall ein: Von einem Tag auf den anderen schied mein Vater jäh aus dem Leben! Da standen wir mit 20 und 21 Jahren: Das Gute daran? Wir waren 100% fähig das Geschäft selbstständig weiterzuführen! Anfangs war es eine harte Zeit. Doch dank meines Vaters Weitsicht, lief es geschäftlich wunderbar.
Rückenschmerzen – Ischias
Allerdings zeigte mir mein Körper drei Jahre später, dass er so nicht mehr mag. Er entwickelte von heute auf morgen heftige Ischias-Schmerzen. Damals konnte ich die Botschaft meines Körpers (noch) nicht verstehen. Erst nachdem ich mich im psychologischen Bereich weiterbildete, erkannte ich den Zweck meiner Körpersymptome: Jeden Tag ging ich unmotiviert und freudlos zur Arbeit. Diese alten Münzen waren einfach nicht meine Welt! Und eigentlich wollte ich endlich Abenteuer erleben, andere Länder bereisen, neue Sprachen lernen und tun und lassen, was ich will.
USA-Aufenthalt in Chicago und New York City
Endlich! Das ersehnte Abenteuer im Westen! Sechs Jahre nachdem mein Vater gestorben war (1986), bot sich mir die Gelegenheit, mit meinem damaligen Mann, nach Amerika zu reisen. Wir verkauften das Geschäft und bezogen für zwei Jahre ein Studenten-Appartement 1 ½-Zimmer in einem Vorort von Chicago. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich selbst wählen, zu was ich Lust hatte. Das Zweitstudium meines Mannes war so fordernd – 7-Tage-Woche –, dass ich wiederum auf mich selbstgestellt war. Doch: Ich hatte alle Freiheiten und viel Zeit für mich.
Zurück in der Schweiz
Nach einem einjährigen Abstecher nach Manhattan NY, zurück in der Schweiz, folgte meine Zeit als Familienmanagerin. Ganz bewusst stellte ich mich anderen so vor: Ich drückte damit aus, dass ich unseren Haushalt, unsere Familie mit drei Kindern, Haus und Garten allein managte – selbstständige Familienmanagerin. Die Familie war meins, denn mein Mann arbeitete mindestens 60-Std. pro Woche, war ständig geschäftlich im Ausland unterwegs.
Nun war also die Zeit gekommen, wo ich mir überlegen musste, wie ich später meine Brötchen verdienen könnte. Zurück ins Büro wollte ich nicht mehr. Nichtsdestotrotz versuchte ich es ein paar Jahre recht erfolgreich, wieder Fuss zu fassen in meinem gelernten KV-Job. Im Nachhinein gesehen, war es eine lehrreiche Zeit, insbesondere auch deshalb, weil ich realisierte, dass ich nicht fürs angestellt sein geboren bin. Ich wollte auch in beruflicher Hinsicht, mich selbst sein können. Und: Ich wollte mit meiner Tätigkeit in und bei anderen etwas bewirken können.
Biokinematik – Schmerztherapie nach Walter Packi
Nach sechs Jahren chronischer Rückenschmerzen wurde ich mit Hilfe der Biokinematik meine nagenden Schmerzen los! Ich wollte helfen, diese Therapie zu verbreiten, damit auch andere Rückenschmerz geplagten Menschen davon profitieren können. Also suchte ich dazu eine passende Ausbildung: Die Wahl fiel auf die Ausbildung zur Wellness Trainerin (Bewegung – Entspannung – Ernährung – 1999). Meine ersten Schritte als Kursleiterin machte ich als Angestellte in Fitnesscentern. In erster Linie wollte ich dort Erfahrungen sammeln und ein Netzwerk aufbauen.
Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, dass die Kursteilnehmer noch dringender etwas anderes brauchten, als nur ein Körper-Training. In den Entspannungs-Teilen schafften die Kursteilnehmer es nicht loszulassen. Sie konnten nicht abschalten, was ich als sehr wichtig empfand. Für mich war und ist das ein absolutes Muss, wenn jemand gesund und glücklich leben möchte. Es war mir ein grosses Bedürfnis meine Klienten auch in diesem Bereich unterstützen zu können. Deshalb folgte die …
Ausbildung zur psychologischen Beraterin
Immer schon angetan von der Psyche des Menschen, folgten die Ausbildungen zur psychologischen Beraterin und einige Jahre später zur Sport Mental Trainerin. Bereits in der Schulzeit liebte ich es, mit „Beratungs“-Gespräche meinen Freundinnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Rücken-Haltungs-Kurse
Das Interesse an meinen Kursen stieg stetig. Die damals völlig neuartigen Übungen der Biokinematik fanden grossen Anklang. Damit ich meine Kurse frei gestalten und dabei auch mehr verdienen konnte, begann ich Biokinematik Gruppenkurse in meinem Haus anzubieten. Homeoffice? 😉
Zu Spitz Positionierung vor vier Jahren
Mit der Diplomarbeit zur Sport Mental Trainerin (2016) entwickelte ich ein Konzept das Mental Training in die Bewegungskurse einzubauen. Anschliessend stellte ich mich im Markt sehr zu eng auf: Endlich wieder schmerzfrei – Rückenschmerzen mit einer Methoden-Kombination von Biokinematik und Wingwave loszuwerden – Embodiment genannt.
Was ist mir Positives über den Weg gelaufen?
In der Selbstständigkeit ist es enorm wichtig, sich immer wieder motivieren zu können, Ängste zu überwinden, Neues zu wagen und ab und an ins kalte Wasser zu springen. Dazu ist es notwendig, sich regelmässig selbst zu reflektieren, die Arbeit und Angebote zu analysieren und falls nötig seine Dienstleistungen neu zu definieren und formulieren. Das Gute daran: Ich kann mit meiner Tätigkeit mitwachsen und umgekehrt meine Angebote meiner persönlichen Entwicklung und meinen Interessen anpassen.
Hat sich meine Zielgruppe verändert?
Rückblickend stelle ich fest, dass sich die Zielgruppe jeweils nach fünf bis sechs Jahren verändert hat. Immer wenn ich mich persönliche weiterentwickelte, passte sich automatisch die Zielgruppe meiner Entwicklung an. Zu Beginn meiner Trainer-Karriere (Rücken-/Haltungskurse) waren es vorwiegend Hausfrauen mit Rückenschmerzen. Nachdem ich meine Scheidung und das Thema Männer verarbeitet hatte, kamen vermehrt Männer dazu. Und aufgrund des Netzwerks meines Sohnes (Leistungssportler im Handball), fanden vermehrt Sportler den Weg zu mir. Insbesondere Sportler, die sich aufgrund von Angst vor erneuter Verletzung nicht mehr getrauten, vollen körperlichen Einsatz zu leisten – Embodiment.
Wo stehe ich heute? Wo soll meine Reise hin gehen?
Seit einigen Monaten spüre ich, dass ich mich zu einseitig positioniert habe. Ich habe mich zu sehr auf die Methoden fixiert. Ich und meine Fähigkeiten sind viel mehr als Biokinematik und Wingwave. Im Moment arbeite ich an einer Neu Positionierung, denn das Schwerpunkt-Thema «körperlicher Schmerz» lastet mittlerweile zu schwer. Es drückt mich. Mir ist bewusst geworden, dass alle Schmerzbilder und Blockaden eines gemeinsam haben: Sie verursachen Stress oder rühren gar von Stress her. Rund 80 bis 90% der heutigen Krankheiten in unserer modernen Gesellschaft werden durch Dauerstress ausgelöst. Dort möchte ich künftig neu ansetzen, bevor ein Schmerz chronisch wird – bei der Prophylaxe.
Diese Neu-Positionierung erfordert mehr Sichtbarkeit meinerseits. Daher will ich mein breites Wissen und meine langjährigen Erfahrungen über die „natürliche Medizin“, wie ich sie nenne, mit Blog-Beiträgen, mit Posts, mit Webinaren und Online-Trainings einem grösseren Publikum zugänglich machen. Ich stelle mich erneut einer neuen Herausforderung, nämlich mich und meine Arbeitsweise zu zeigen. Vielleicht schaffe ich es sogar, ein Buch – ein kleiner Ratgeber – zu schreiben.
Fazit
Für mich war die Selbstständigkeit eine logische Folge. Bedingt durch meine Kindheitsprägungen und dem Verlauf meines Lebens, rutschte ich einfach in die Selbstständigkeit hinein. Inzwischen bin ich seit rund zwanzig Jahren selbstständig erwerbend – erst Teilzeit und seit rund zehn Jahren Vollzeit.